Rumrollen erwünscht

Faszien-Yoga besteht, wie der Name schon verrät, aus Faszientraining und Yogaelementen. Es wird viel gedehnt und auch gerollt. Die Ziele sind ein starkes Bindegewebe, mehr Flexibilität und Muskelkraft.

Faszien – aus dem Lateinischen fascia: Verbund, Bündel oder Band – befinden sich in unserem ganzen Körper. Diese speziellen Bindegewebshäute verbinden netzartig weite Strecken des Körpers miteinander und sind mehr oder weniger elastisch. Sie umhüllen Muskeln, Organe, Knochen, Blutgefäße und sogar Gehirn und Rückenmark. Grundsätzlich sorgen sie dafür, dass alle unsere Organe an ihrem Platz sitzen und bleiben. Je nach dem, wo sich die Faszienfasern im Körper befinden, verfügen sie über eine unterschiedliche Struktur. Dabei können sie sich beispielsweise zu Sehnen ausbilden, um Muskeln mit Knochen zu verbinden, sich zu Platten formen oder auch die Funktion einer Gleitschicht übernehmen. Idealerweise sind die Faszienfasern geschmeidig und verfügen über einen ausgewogenen Wassergehalt. Wenn sie jedoch an Elastizität verlieren oder verkleben, so können Schmerzen und Verspannungen auftreten.

Faszien gleich Bindegewebe?


Durch die Weiterentwicklung bildgebender Verfahren ist es mittlerweile möglich, das Bindegewebe und somit die Faszien darzustellen und zu messen. Dies hat dazu geführt, dass das Bindegewebe als ein eigenes Organ, mit vielfältigen Aufgaben betrachtet wird.

Unter dem Begriff „Bindegewebe“ werden – je nach Definition – verschiedene Gewebetypen zusammengefasst. Alle haben eine Eigenschaft gemeinsam, nämlich, dass sie aus Bindegewebszellen und einer wässrigen Grundsubstanz (Matrix, Extrazellularsubstanz, Zwischenzellsubstanz) bestehen. Teilweise verwenden Fachleute eine etwas engere Definition und zählen nur die flächigen Strukturen zu den Faszien. Andere wiederum zählen auch Knochen, Knorpel oder Blut dazu. Früher wurden nur die festen, derben Bindegewebsschichten als Faszien bezeichnet, wohingegen Sehnen, Bänder und Kapseln getrennt davon betrachtet wurden. „Heute kommt man immer mehr dahin, dass man das nicht mehr trennt – es macht einfach zunehmend keinen Sinn mehr. Faszien, Bänder, Sehnen, Sehnenplatten, Organkapseln, Muskelbindegewebe – alles geht nahtlos ineinander über. Eine Sehne oder Gelenkkapsel steht nicht einfach als abgetrennte Einheit. Sie sind nur eine lokale Anpassung, eine graduelle Verdickung, wenn man so will, innerhalb der umfassenderen regionalen Faszie. Es ist alles Fasziengewebe, was sich je nach lokaler Zugbeanspruchung regional verdickt und ausrichtet“, so Robert Schleip zum Pilates Magazin.

Seit dem ersten internationalen Fascia Research Congress im Jahr 2007 hat man sich auf eine Definition von Faszien geeinigt. Diese umfasst alle kollagenhaltigen faserigen Bindegewebe, die körperweite Funktionsketten entstehen lassen, wie beispielsweise Bänder, Sehnen, Sehnenplatten, Muskelsepten, Fesseln, Gelenk- und Organkapseln sowie die flächigen, festen Bindegewebsschichten wie die Lendenfaszie im Rücken, die Plantarfaszie an der Fußsohle oder das IT-Band am seitlichen Oberschenkel.

Gesundes und fittes Bindegewebe hat eine hohe Widerstandskraft, Elastizität, Spannkraft und Festigkeit. Es ist sowohl reißfest als auch elastisch zugleich. Bei der Frage nach der individuellen Belastbarkeit spielt neben gezielten, regelmäßigen Impulsen und der Ernährung auch die genetische Veranlagung jedes Einzelnen eine wesentliche Rolle. Muskelfaszien brauchen gezielte Impulse, damit sie belastungsfähig, gesund und vital bleiben. Dabei regen Kraftimpulse die Kollagenproduktion an. Warum? Ein kräftigerer Muskel benötigt auch eine kräftigere Faszie. Aber Vorsicht: Kollagen hat die Eigenschaft, den Anteil von Flüssigkeit im Gewebe zu verdrängen und dementsprechend zu reduzieren. Wenn das Gewebe nicht genügend bewegt und durchfeuchtet wird, kann daraus eine Steifheit entstehen.

Was ist Faszien-Yoga?


Wie der Name schon sagt, werden hier Elemente des Faszientrainings mit klassischen Yogaübungen kombiniert. Hierbei kommen teilweise auch Faszienrollen zum Einsatz. Im Gegensatz zum Hata-Yoga werden hier die Posen nicht so lange gehalten und man ist mehr in Bewegung. Der Fokus liegt auf Dehn-, Schwing- und Federbewegungen. Somit wird jeder Körperwinkel erreicht und die Faszienbahnen werden maximal geschmeidig. Viele der Übungen werden auf einer Yogamatte durchgeführt.

Gerade beim Faszien-Yoga soll die Haltung nicht durch äußere Anstrengung, Technik und Perfektion erreicht werden. Vielmehr sollst du auf deinen Körper hören und ihn von innen beleben. Sanfte, weiche Anpassungen, anstatt angestrengtes starres Vorgehen sind hier gefragt. Es hilft, sich ins Bewusstsein zurückzurufen, dass die gesamte Erde, wie auch unser Körper und dementsprechend unsere Faszien, mehrheitlich aus Wasser bestehen. Deshalb reagieren sie schneller auf fließende und rhythmische Bewegungen als auf geradlinige und starre. Achtsamkeit spielt eine entscheidende Rolle. Im Faszien-Yoga bedeutet, achtsam zu üben, dass du ganz bewusst darauf achtest, was du tust, wie du es tust und wie es dir dabei geht. Das bewusste Hören auf deinen Körper wird dazu führen, dass sich die Formen einzelner Übungen mitunter stark von denen deiner Mit-Yogis unterscheiden.

Wie lange dauert es, bis das Faszientraining Wirkung zeigt?


Im Allgemeinen reagieren Muskeln sehr schnell auf Training und passen sich an die vermehrte Nutzung an. Die Faszien brauchen hierfür jedoch etwas mehr Zeit. Wie lange es dauert, bis sich die Kollagenstruktur verändert hat, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und vor allem abhängig von der Stoffwechselaktivität und vom Versorgungszustand des Gewebes. Um spröde, unbewegliche und starre Fasern wieder elastisch zu machen, können Monate bis Jahre vergehen. Durch myofasziale Release-Techniken oder über eine Triggerpunkt-Behandlung sind die gelösten Spannungen zwar direkt nach den Übungen spürbar, leider hält dieser Effekt jedoch nicht an. Um einen langfristigen Erfolg zu erzielen, müssen die Übungen regelmäßig über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden. Laut Experten dauert dies zwischen sechs und 36 Monaten. Erst dann ist eine Erneuerung beziehungsweise Neuorganisation der Kollagenfasern erfolgt.

Nach einigen Wochen Faszien-Yoga wirst du aber mit Sicherheit schon etwas spüren. Dein Körpergefühl wird sich verfeinern und du wirst dich geschmeidiger und besser koordiniert fühlen. Und das wird dir wiederum die Motivation geben, am Training dranzubleiben. Hier greift das yogische Prinzip von abhyāsa und vairāgya – mit Intensität und Freude dranzubleiben, gleichzeitig loszulassen und darauf zu vertrauen, dass es schon werden wird.

Offenheit und Kreativität


Die Faszientechniken sind einfach und effektiv zugleich. Zudem kannst du sie leicht nachvollziehen und einfach erlernen. Das Einzige, das du brauchst, ist das Interesse, dich in deinen Körper hineinzufühlen und achtsam mit ihm umzugehen. Dadurch kannst du deine Selbstwahrnehmung verbessern.
Es gibt sehr viele verschiedene Techniken, die du anwenden kannst, um gezielt auf deine Faszien einzuwirken. Egal, welche du wählst, sollte deine Übungspraxis gewisse Qualitäten aufweisen. Dies gilt im Übrigen für jede Art von Yogapraxis.

Abbildung: Iryna Inshyna / shutterstock.com
Quelle: shape UP Ladies 3/2021
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